„Leuchtturm-Projekt mit Zukunft“ Einzigartig! Notfallsanitäter vom DRK Fulda mit persönlichem Ultraschallgerät für noch bessere Diagnostik im Einsatz
Diese Innovation beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) Fulda lässt die Rettungsbranche bundesweit aufblicken. Bereits seit einem Jahr läuft das Pilotprojekt „POCUS“. Das heißt: Zwölf Notfallsanitäter wurden im ersten Schritt mit einem kleinen persönlichen Ultraschallgerät ausgestattet, um im Einsatz eine noch bessere Diagnostik beim Notfallpatienten durchführen zu können. Hinzu kommen ein individuell an das DRK Fulda angepasstes zweitägiges Schulungsformat, zahlreiche Praxistage mit Fallbeispielen, Praktika in den Notaufnahmen vom Klinikum Fulda sowie dem Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda und eine wissenschaftliche Begleitung. Jetzt ist Zeit für eine erste Bilanz und den Start des zweiten POCUS-Kurses mit weiteren neun Teilnehmern.
„Wir haben im Februar 2023 mit dem Ziel, das Berufsbild des Notfallsanitäters weiter vorantreiben zu wollen, gestartet und uns dabei die Frage gestellt: Kann der Notfallsanitäter mit einem Ultraschallgerät umgehen? Ist dieses Diagnoseverfahren für ihn erlernbar, ohne dass der Einsatz unnötig verlängert wird?“, erklärt DRK Fulda-POCUS-Projektleiter und Notfallmediziner Adrian Böhm die Intention und führt aus: „Jetzt wissen wir: Ja, der Notfallsanitäter kann das hochkomplexe Ultraschall-Gerät im Mini-Format fachgerecht einsetzen und es beeinflusst den Einsatzablauf, die Versorgung des Patienten und die Auswahl der für ihn passende Zielklinik positiv.“ Gerade in Zeiten knapper Ressourcen von Krankenhäusern mit Notfallversorgung und der politisch geplanten Konzentration von Kliniken gewinne die Technologie noch stärker an Bedeutung. Anwendung finden die Geräte zur Zeit bei unklarer Atemnot, bei verunfallten Patienten und beim Kreislaufversagen, dem sogenannten Schock. „Des weiteren wurden die Kollegen in der Anwendung des Ultraschalls während einer Herz-Lungen-Wiederbelebung geschult und sind in der Lage bei schwierigen Venenverhältnissen eine ultraschallgesteuerte Venenpunktion durchzuführen.
Ein Ultraschallgerät, das früher ausschließlich in Kliniken eingesetzt wurde und heutzutage kaum größer als ein Smartphone ist, kann im Ernstfall Menschenleben retten. Davon hat sich Dr. Matthias Kalmbach, Anästhesist und Ärztlicher Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) im Landkreis Fulda, überzeugt. „Das ist ein Leuchtturm-Projekt mit Zukunft. Es wertet den Beruf des Notfallsanitäters noch einmal sehr deutlich auf. Ich habe einen sehr positiven Eindruck.“ Zwar sei Ultraschall im Rettungsdienst schon seit einigen Jahren verbreitet, vor allem aber auf notärztlich besetzten Rettungsmitteln wie dem Rettungshubschrauber und nicht in dieser speziellen Form, wie beim DRK Fulda. „Hier verfügen Notfallsanitäter über ein individuelles Gerät. Sie wurden in kleinen Gruppen nach speziellen Protokollen ausgebildet und von Profis begleitet. Ich danke dem Kollegen Adrian Böhm für dieses Engagement.“
Ultraschall-Projekt etablieren und Netz ausbauen
Heinz Peter Salentin, Geschäftsbereichsleiter Rettungsdienst beim DRK Fulda, spricht von einer „erhöhten Versorgungsqualität der Patienten“. Der Rettungsdienst sei im Wandel und die Entwicklung neuer Technologien rasant. „Das Ultraschall-Gerät versetzt meine Kollegen in die Lage, Diagnosen noch sicherer verfestigen oder ausschließen zu können. Das ist der größte Benefit. Nur wer routiniert und regelhaft mit dem Gerät trainiert, hat auch die richtige Expertise. Deshalb setzen wir auf individuelle Ausbildungsformate und nicht auf Masse.“ Für den Vorstandsvorsitzenden des Fuldaer Roten Kreuzes, Christoph Schwab, ist das POCUS-Projekt „am Puls der Zeit. Wenn es um Innovation, Qualität und Fortschritt geht, investieren wir gerne. Zudem schulen und fördern wir unser hoch engagiertes Personal. Das Ultraschall-Projekt werden wir weiter etablieren und das Netz ausbauen.“
Wissenschaftliche Begleitung: Erste Zahlen zeigen in positive Richtung
Priv.-Doz. Dr. Peter Benöhr, Leitender Oberarzt der Medizinischen Klinik III (Nephrologie) am Klinikum Fulda und Nofallmediziner mit hoher Expertise, begleitet das DRK Fulda-POCUS-Projekt als wissenschaftlicher Leiter. Sein Fazit nach einem Jahr: „Wissenschaftlich steckt POCUS durch Notfallsanitäter in den Kinderschuhen. Wir als Wissenschaftler gehen mit einer gesunden Skepsis an das Projekt heran. Die ersten Zahlen zeigen in eine positive Richtung. Unsere Hoffnung ist es, dass wir nach drei Jahren genügend Zahlen haben, um wissenschaftlich fundierte Aussagen treffen zu können.“ Adrian Böhm ergänzt abschließend: „Die Begeisterung der ausgebildeten Notfallsanitäter ist enorm. Und auch im neuen Kurs haben wir vom Dozenten-Team gespürt, dass Ultraschall ein Diagnostik-Verfahren ist, das den bereits gut ausgebildete Notfallsanitäter fordert und fördert. Da wollen wir hin, denn der Rettungsdienst muss sich weiter professionalisieren, denn Notärzte werden in Zukunft - vor allem im ländlichen Raum - fehlen. In diese Bresche kann der Notfallsanitäter springen.“